DIE SUPER-OMA

 


Mit dem Gefühl der Freude, wieder einmal etwas Gutes für die Welt zu tun, nahm sie den jungen Setzling in die Hand und pflanzte ihn mit einem Lächeln ins Erdreich, während sie sagte: „Lass uns sehen, wie er hier wächst.“ Verwundert fragte ich: „Oma, wächst der denn so?“
Ich denke, wer seine Kindheit mit seinen Großeltern verbringen durfte, kann sich glücklich schätzen. Stellen Sie sich vor, Sie hören jemandem zu, der schon so vieles vor Ihnen erlebt hat. Sie müssen nicht die gleichen Fehler machen. Sie können sehen, was passiert, wenn Sie etwas Bestimmtes tun. Natürlich können Sie es auch vorziehen, Dinge selbst auszuprobieren und daraus zu lernen. Aber wer möchte schon einen teuren Fehler riskieren? Achtzig Jahre Lebenserfahrung – das klingt einfach, aber denken Sie nur an all die Geschichten, die dahinterstecken.

Unsere Oma erzählte oft von der Zeit, als sie aus ihrem Heimatdorf in die Stadt zogen. Die Orte, wo heute Häuser und Straßen stehen, waren damals karge Landschaften mit vereinzelt stehenden Bäumen. Was wir sahen, war so anders. Ich sah die Bushaltestelle, die Moschee im Hintergrund und die Asphaltstraße. Sie jedoch sah ihre Vergangenheit. In schweren Zeiten hatten sie versucht, Fuß zu fassen. Eine kleine Wohnung mit nur einem Zimmer, fünf Kinder und ein Vater, der in Deutschland als Gastarbeiter lebte. In der Fremde kämpfte er, während unsere Familie in dieser neuen Stadt zu überleben versuchte.



Ein Mensch braucht eine Beschäftigung“, sagte meine Oma oft. Vielleicht deshalb setzte sie das, was sie in ihrem Dorf gelernt hatte, auch in der Stadt um. Bohnen, Auberginen, Mais – sie bauten alles Mögliche an. Sie ernährten sich selbst, halfen anderen und verkauften einen Teil, um etwas Geld zu verdienen. Es waren harte Zeiten, aber sie wussten, wie man Schwierigkeiten überwindet. Und da ihre Nachbarn in ähnlichen Situationen waren, half man sich gegenseitig.

Unsere Oma war in dieser Hinsicht fast wie ein Lebenscoach für die Nachbarschaft – manchmal mit einem spitzen Kommentar, manchmal mit einem kleinen Stock, den sie in der Hand hielt. Wenn ein Garten pflügen werden musste, packte jeder mit an. Wenn jemand krank war, passten die Nachbarn auf die Kinder auf – manchmal sogar eine ganze Woche lang. Und niemand machte dem anderen deshalb Vorwürfe. Vielleicht deswegen sprach meine Oma auch mit achtzig Jahren mit ihrer besten Freundin, als wären sie zwei Teenager. Die Falten in den Gesichtern der Männer erzählten von der Last des Lebens, während die Frauen trotz allem die Freude ausstrahlten. Ihre Gespräche waren voller Weisheit, geprägt von fünfzig Jahren Lebenserfahrung, kurz, aber voller Tiefe.

So schufen diese Menschen mit ihrer Zielstrebigkeit über die Jahre eine Gemeinschaft, die sich wie ihre Heimat anfühlte. Ein Ort, an dem jeder jeden kannte, wo man sich vertraute. Es war ganz anders als das Leben in unseren heutigen Wohnanlagen, nicht wahr?

Übrigens: Die Antwort auf meine eingangs gestellter Frage. Meine Oma verließ uns an einem späten Wintertag, als der Schnee zu schmelzen begann. Wir aber denken immer an ihre Worte zurück, wenn wir von den Kirschen des Baumes essen, den sie selbst gepflanzt hatte: „Wenn du dich um die Erde kümmerst, kümmert sie sich um dich.“




 

Yorumlar

  1. Eine Person pflanzt einen Setzling und wertet das kostbare Land auf. Dieser Schössling wächst zu einem Baum heran und gibt seine Früchte über Generationen hinweg an die Menschen in seiner Umgebung weiter. Genau wie die im Artikel erwähnte Großmutter. Vielen Dank für einen schönen Artikel.

    YanıtlaSil

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